Nach seinem Jahresbericht 2021 hat der Rechnungshof von Berlin geprüft, ob und in welcher Form im Land Berlin Personalbedarfsermittlungen (PBE) im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2017 durchgeführt worden sind. Die Prüfung erfasste über 111.875 Stellen. Nach dem Jahresbericht fehlten für 40 % der Stellen in der Hauptverwaltung und für 95 % in den Bezirksverwaltungen „hinreichende“ Untersuchungen des Personalbedarfs.
Finanzverwaltung in der Pflicht
Der Rechnungshof nimmt die Senatsverwaltung für Finanzen in die Pflicht und erwartet, dass sie die Einführung, Umsetzung und Fortschreibung von Personalbedarfsermittlungen (PBE) sicherstellt. Als wesentliche inhaltliche Vorgaben werden aufgabenkritische Untersuchungen, Geschäftsprozessanalysen und Geschäftsprozessoptimierungen im Vorfeld von Personalbedarfsermittlungen gefordert.
Abstimmung mit der IKT-Staatssekretärin
Die von Rechnungshof beschriebenen Ziele der PBE sollen von der Finanzverwaltung in Abstimmung mit der IKT-Staatssekretärin bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vor dem Hintergrund der Förderung des E-Governments erreicht werden. Die Innenverwaltung hat nach dem E-Government-Gesetz vom 30. Mai 2016 die Aufgabe, „auf die Optimierung und Standardisierung der Prozesse und der Ablauforganisation, insbesondere in der ressort- und verwaltungsebenen übergreifenden Zusammenarbeit in der Berliner Verwaltung hinzuwirken“.
Geschäftsprozessmanagement (GPM) wird ergänzt
Der Jahresbericht nimmt in seiner Textnummer 71 den während des Prüfungsverfahrens gemachten Hinweis von der Innenverwaltung auf, dass sie an Grundlagendokumenten, Standards sowie methodischen Handreichungen arbeite, um die Hauptverwaltung sowie die Bezirksverwaltungen in die Lage zu versetzen, zukünftig auch Aspekte der PBE bei Untersuchungen im Rahmen des Geschäftsprozessmanagements zu berücksichtigen.
Grundlagen fehlen
Die vom Rechnungshof angestoßene neue PBE hat – noch – keine Grundlagen. Der Bearbeitungsstand bei der Innenverwaltung deutet nicht daraufhin, dass sich das in naher Zukunft ändern wird. Das E-Government-Gesetz ist seit fünf Jahren in Kraft. Noch immer befindet sich das Geschäftsprozessmanagement (GPM) in der Berliner Verwaltung im Aufbau. Die Einrichtung der neuen Organisationseinheiten bei den Verwaltungsleitungen und die von der Senatskanzlei favorisierte Einrichtung einer neuen verwaltungsinternen Beratungseinheit haben den Aufbau des GPM nicht unbedingt beschleunigt.
Kontrollfunktion der IKT-Staatssekretärin gestärkt
Das müssen auch die Berliner Koalitionsfraktionen (SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen) erkannt haben. Dem Abgeordnetenhaus von Berlin haben sie einen Antrag zur Änderung des E-Government-Gesetzes vom 15. März 2021 vorgelegt, der in erster Lesung vom Plenum des Abgeordnetenhauses am 23. März 2021 behandelt worden ist. Der Gesetzentwurf sieht vor, die bisherige Form der freiwilligen Zusammenarbeit und Abstimmung bei der Aufgabe, das GPM nach den Vorgaben der IKT-Steuerung zielorientiert zu organisieren, aufzugeben, und durch eine verbindliche Kontrollfunktion der IKT-Staatsekretärin zu ersetzen. Ob damit tatsächlich die Zusammenarbeit wirkungsvoller werden kann, muss nach den Beobachtungen der vergangenen fünf Jahren bezweifelt werden. Jedenfalls ist die neue PBE auf die lange Bank mit unbestimmten Zeitrahmen verschoben. Der Rechnungshof hat wegen seiner Festlegung auf eine Art und Weise der PBE, die erst noch entwickelt werden muss, überrascht.
Spätes Eingreifen
Verwundert ist zur Kenntnis zu nehmen, dass der Rechnungshof die Personalausgaben der Jahre bis Ende 2017 erst jetzt mit dem Jahresbericht 2021 einer Überprüfung unterzogen hat. Für sein spätes Eingreifen ist in dem Jahresbericht keine Begründung zu finden. Die Jahresrechnung der Jahre bis einschließlich 2017 haben längst die Rechnungsprüfung durchlaufen und dem Senat ist die Entlastung erteilt.
Das Signal zum Einsparen
Zum zweiten Mal ist Verwunderung aufgekommen, weil der Rechnungshof sich den Zeitrahmen von 2011 bis 2016 für seine Prüfung auswählte. Zur Erinnerung: Das waren die Jahre, in denen besonders die politisch beschlossenen Sparvorgaben Auswirkungen auf den Personalhaushalt hatten. Die danach politisch eingeleitete Erweiterung des Stellenrahmens ist für den Rechnungshof mit Veranlassung für seine Prüfungsbemerkungen. Das ist aktuell schon als Signal für die Rückkehr zu den Hochzeiten der Sparpolitik zu verstehen. Denn bei genauem Hinsehen, geht die für das GPM zuständige Innenverwaltung davon aus, dass „Zeit und Geld zu sparen und gleichzeitig der Service für die Bürgerinnen und Bürgern schnell zu verbessern“ ist. Das ist für die Innenverwaltung das Ziel des Geschäftsprozessmanagements, das vom Rechnungshof für die PBE übernommen worden ist.
Ein Beispiel fehlt
Zum Verständnis der späten Prüfung hätte beitragen können, wenn zu den geprüften 63 Haushaltskapiteln in der Hauptverwaltung und den Bezirksverwaltungen wenigstens ein Verwaltungsbereich mit seinem Stellenplan beispielhaft nach dem GPM überprüft worden wäre. So fehlt für die vielen Beteiligten in der Berliner Verwaltung ein Beispiel dafür, dass mit dem GPM eine Grundlage für eine aufgabengerechte Personalausstattung möglich ist.
Rückgriff auf alte Zeiten
Was den Rechnungshof bewogen hat, auf eine Regelung in den Ausführungsvorschriften (AV) zur Landeshaushaltsordnung (LHO) des Jahres 1979 zurückzugreifen, ist nach dem Jahresbericht nicht erkennbar. Selbst Haushaltsexperten mussten erst ins Archiv – soweit vorhanden – gehen, um eine 42 Jahre alte Bestimmung in der gebundenen Buchfassung zum „Berliner Haushaltsrecht“ zu finden. Die Änderung des Stellenrahmens waren damals in den Anmeldungen für Dienstkräfte unter anderem möglich, wenn sie sich durch Organisationsgutachten und Festsetzungen ergaben, die von Personalwirtschaftsstellen sachlich und rechnerisch zu prüfen und zu bestätigen sowie aktenkundig zu machen waren.