Vor zwei Monaten ist der „Leitfaden für Auflehnung und Widerstand in der Sozialen Arbeit – So Nicht!“ des Arbeitskreises Kritische Soziale Arbeit Berlin – AKS – vom Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. – DBSH – Landesverband Berlin im Internet öffentlich vorgestellt worden.
Die Broschüre soll zur Selbstreflexion und zur gemeinsamen Reflexion in der Gruppe anregen. Grundlagen dafür sind eine Orientierung an berufsethischen Prinzipien und die Forderung nach einer widerständigen Praxis, wenn die Rechte von Nutzer*innen (der Sozialen Arbeit) missachtet werden. Der DBSH (www.dbsh.de) hat die Herausgabe der Broschüre finanziell und organisatorisch gefördert. Weitere finanzielle Unterstützung kam vom AStA der TU Berlin.
Die Widersprüche der Sozialen Arbeit sind für den AKS und den DBSH Anlass für den Appell: „Vernetzt Euch, organisiert Euch und findet Antworten auf die Widersprüche und Fragen, die die Praxis stellt.“ Die vom DBSH seit Jahren mit entwickelte Berufsethik ist in ihren wesentlichen Kernpunkten bildet dafür die entscheidende Basis.
Unter den allgemeinen Tipps für die Sozialarbeitenden werden auf Seite 28 der Broschüre die Kontakte zur Presse näher beschrieben.
Da heißt es: „Ein Pressebeitrag kann Arbeitsbedingungen und Zustände in Einrichtungen skandalisieren. Dieser Schritt setzt – in der Regel – eine gewisse Eskalationsstufe voraus. Persönliche Kontakte können beim Kontakt zu Journalist*innen hilfreich sein. Du hast die Möglichkeit, Deine Anonymität zu wahren: Wenn Du nicht namentlich zitiert werden möchtest, teile dies der*dem Pressevertreter*in mit. Bevor Du zum „Whistleblower“ wirst, solltest Du Dein Vorgehen gut überdenken. Tipps und Beratung findest Du zum Beispiel auf der Internetseite vom Whistleblower-Netzwerk e.V., einem gemeinnützigen Verein aus Berlin (Hinweise zur Kontaktaufnahme beachten!). Auch der Rote Hilfe e.V. kann ein hilfreicher Ansprechpartner sein, v.a. wenn es um Rechtsbeistand, Prozess- oder Repressionskosten geht, die Du nicht selber tragen kannst.“
Besonders der Hinweis auf die „Rote Hilfe e.V.“ verwundert sehr.
Der DBSH ist auch in Berlin eine Mitgliedsgewerkschaft des DBB Beamtenbund und Tarifunion, die in Zusammenarbeit mit einem Dienstleistungszentrum des DBB in Berlin seinen Mitgliedern Rechtsschutz gewährt. Mit der Aussage, „auch der Rote Hilfe e.V. kann ein hilfreicher Ansprechpartner sein, v.a. wenn es um Rechtsbeistand, Prozess- oder Repressionskosten geht, die du nicht selber tragen kannst.“ empfiehlt der DBSH seinen Mitgliedern, nicht den eigenen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, sondern den eines anderen Vereins. Aus welchen Gründen der DBSH seinen Rechtsschutz in Frage stellt, ist in der Broschüre nicht nachlesbar.
Die „Rote Hilfe e.V.“ wird mit ihrer Ortsgruppe Berlin seit 2004 und zuletzt im Verfassungsschutzbericht 2019 des Senators für Inneres und Sport bei den aktuellen Entwicklungen in den Beobachtungsfeldern des Linksextremismus auf Seite 141 beschrieben. Mit der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht werden verfassungsfeindliche Bestrebungen verbunden mit einer Warnung davor aufgeführt (vgl. Plenarprotokoll 18/46 des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 12. September 2019 – Seite 5473).
Im Verfassungsschutzbericht des Bundes für 2019 – Seite 159 – wird die „Rote Hilfe e.V.“ (RH) laut deren Satzung als eine „parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutz- und Solidaritätsorganisation“ definiert. Sie leistet nach den Ausführungen in dem Verfassungsschutzbericht des Bundes Straf- und Gewalttätern aus dem linksextremistischen Spektrum politische und finanzielle Unterstützung, beispielsweise bei anfallenden Anwalts- und Prozesskosten sowie bei Geldstrafen und Geldbußen.
Für die Gewerkschaft Verwaltung und Verkehr – GVV – ist nicht nachvollziehbar, wie der DBSH als Mitgliedsgewerkschaft des DBB Beamtenbund und Tarifunion angesichts der Ausführungen in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und des Landes Berlin dazu aufrufen konnte, sich wegen der Gewährung von Rechtsschutz an die „Rote Hilfe e.V.“ in Berlin zu wenden. Allen Verantwortlichen im DBSH müssen doch die Ausführungen über die Rote Hilfe e.V. in den Verfassungsschutzberichten bekannt sein, die eine Empfehlung zur Inanspruchnahme des Rechtsschutzes dieses Vereins aus sich heraus verbietet.
Auch ist es der Gewerkschaft Verwaltung und Verkehr – GVV – nicht verständlich, warum der Verfassungsschutz, der beim Senator für Inneres und Sport Berlin ressortiert, oder der DBB Beamtenbund und Tarifunion mit seinem Rechtsschutzangebot und Informationsquellen über die Tätigkeiten des Verfassungsschutzes bis heute nicht wenigstens aufklärend gegenüber dem DBSH tätig geworden sind. Im Interesse einer kritischen Sozialen Arbeit, aber auch zum Schutz der vielen Sozialarbeitenden innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes des Landes Berlin fordert die Gewerkschaft Verwaltung und Verkehr – GVV – die Verantwortlichen im DBSH im DBB auf, sich von der ausgesprochenen Rechtsschutzempfehlung loszusagen.